„Schadinspektor“ – WebGIS Anwendung zur Analyse von Drohnenbildern

Dr. Bernd Meese1, Luftfotos24, Dr. Benno Kleinhenz1

1 ZEPP – Zentralstelle der Länder für EDV-gestützte Entscheidungshilfen und Programme im Pflanzenschutz, Bad Kreuznach

Die praktische Umsetzung einer teilflächenspezifischen Applikation von Pflanzenschutzmitteln scheitert derzeit trotz des Vorhandenseins geeigneter Verfahren vor allem an der Verfügbarkeit von Applikationskarten. Einen Ansatz, diese Lücke zu schließen, verfolgt das von der Zentralstelle der Länder für EDV-gestützte Entscheidungshilfen und Programme im Pflanzenschutz (ZEPP) geleitete Forschungsprojekt „Schadinspektor“: Drohnenbilder sollen für die automatische Kartierung von Ackerbauschädlingen genutzt werden, um als Basis für Applikationskarten zu dienen. Im Rahmen des dreijährigen Projektes wird an einer auf Drohnenbildern basierende Erkennung von Schaderregern in Getreidekulturen gearbeitet, die dann als WebGIS-Anwendung umgesetzt wird. Das heißt, dass die Anwendung über eine Kartenansicht im Webbrowser zur Verfügung gestellt werden soll. Die zunächst untersuchten Schadbilder für die automatische Bilderkennung sind Feldmaus- (Microtus arvalis) und Gelbrostnester (Puccinia striiformis), da diese gut aus der Luft erkennbar sind (Abbildung 1) und entsprechende Schadbildkarten praxisrelevant sind: Einerseits kann die manuelle Rodentizid-Ausbringung mit einer Übersichtskarte der Feldmausschäden gerade auf größeren Schlägen deutlich beschleunigt werden. Andererseits ließen sich basierend auf Karten des Gelbrostbefalls direkt auf den Schlepper übertragbare Applikationskarten für die teilflächenspezifische Applikation von Fungiziden generieren. Zukünftig ist auch das Monitoring ganzer Regionen zur Erkennung des Frühbefalls denkbar.

Hintergrund

Auf der Basis von Satellitendaten können großräumige Unterschiede der Nährstoffversorgung gut erkannt und für Düngekarten verwendet werden.  Im Gegensatz dazu treten Schaderreger im Ackerbau oft so kleinräumig auf, dass sie nicht mehr mit Satellitendaten aufgelöst werden können. Entsprechend können Applikationskarten zur teilflächenspezifischen Ausbringung von Pflanzenschutzmitteln nicht mittels Satellitendaten generiert werden. Drohnen hingegen nehmen landwirtschaftliche Flächen mit einer Auflösung im Zentimeterbereich zu mittlerweile vergleichsweise geringen Kosten auf. Im Projekt „Schadinspektor“ wird daher ein Datensatz von Drohnenbildern erstellt sowie Bonituren von Gelbrost- und Feldmausschäden am Boden durchgeführt. Dieser Datensatz aus Drohnenbildern und Bonituren bildet die Grundlage für die Entwicklung einer automatischen Bilderkennung für beide Schaderreger.

Abbildung 1: Bespielhaft großflächig lokale Feldmausschäden bei Olk, Eifel, © N. Schackmann.

Datengrundlage & Bilderkennung

Für das vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft geförderte Projekt werden in Sachsen-Anhalt und Rheinland-Pfalz durch Mitarbeiter des LLG Sachsen-Anhalt[1], des DLR Eifel[2] und der ZEPP zunächst geeignete Schläge mit Feldmaus- oder Gelbrostbefall ausfindig gemacht. Nach Rücksprache mit den jeweiligen Landwirten werden die Praxisschläge durch die Projektpartner AGRO-SAT Consulting[3] und Luftfotos24[4] mit Drohnen beflogen. Die zwei Projektpartner nutzen unterschiedliche Drohnentypen (Multikopter und Starrflügler) sowie unterschiedliche Kameras, die jedoch beide ein Rot-Grün-Blau-Bild mit zusätzlichem Infrarot-Kanal liefern. Letzterer ist für landwirtschaftliche Anwendungen besonders wichtig, da Pflanzenstress im Infrarot-Bereich besser erkennbar ist, als im fürs menschliche Auge sichtbaren Farbbereich (Rot-Grün-Blau). Parallel zu den Befliegungen werden die Schadbilder auf den Untersuchungsflächen bonitiert. Zu diesem Zweck wurde ein Boniturschema entwickelt und in einer App[5] umgesetzt, sodass die Bonituren direkt mit dem Tablet aufgenommen und später zusammen mit den entsprechenden Geokoordinaten auf den Arbeitsserver übertragen werden können.

Die automatische Bildauswertung für Feldmaus- und Gelbrostbefall basiert auf der Wiedererkennung spezifischer Eigenschaften der befallenen Stellen auf den Fotos. Zur Bestimmung der spezifischen Eigenschaften werden die Drohnenbilder zunächst in mehreren Schritten vorverarbeitet, sodass sie immer innerhalb des gleichen Helligkeits- und Kontrastbereiches liegen und eine einheitliche räumliche Auflösung aufweisen. Aus dem vorverarbeiteten Rot- und Infrarotbild wird darüber hinaus der NDVI (Vegetationsindex – Normalized Difference Vegetation Index) berechnet. Um spezifische Eigenschaften der zwei Schadbilder für die spätere Erkennung festlegen zu können, werden nun in einem letzten Schritt verschiedene Charakteristika wie Form, Farbe und Vegetationsindex der bonitierten Schadbilder anhand der Drohnenbilder bestimmt. Um diese Charakteristika in den Feldmausschadbildern statistisch aussagekräftig erfassen zu können, wurde ein sehr großer Datensatz von über 500 bonitierten und überflogenen Schadbildern erzeugt. Die an einem Teil des Datensatzes ermittelte Trefferquote der Bilderkennung liegt derzeit bei 83% erkannter Feldmausschäden. Weiter gefasste Schadbildcharakteristika zur Bewertung einer kahlen Stelle im Getreide führen zwar zu mehr erkannten Feldmausschäden, bergen aber gleichzeitig das Risiko, dass beispielsweise auch Saatfehler als Feldmausschaden klassifiziert werden könnten. Für die Erhöhung der Trefferquote werden einerseits die Charakteristika weiter optimiert und andererseits weitere Drohnenbilder aufgenommen. Für die Erkennung von Gelbrostnestern werden tendenziell mehr Bilder benötigt, da sich die spektrale und räumliche Trennung von Nestern und gesundem Bestand deutlich schwieriger gestaltet.

 

Stehen diese Charakteristika einmal fest, läuft die automatische Erkennung von Feldmaus- und Gelbrostschäden künftig folgendermaßen ab: Die auszuwertenden Drohnenbilder werden zunächst ebenfalls wie oben beschrieben vorverarbeitet. Anschließend werden sich farblich ähnelnde Pixel, die beispielsweise unbedeckten Boden darstellen, in Gruppen zusammengefasst und diese entstehenden Pixelgruppen (engl. Cluster) hinsichtlich ihrer Form und Farbe sowie des mittleren Vegetationsindexes analysiert. Abhängig von den für die beiden Schadbilder spezifizierten Charakteristika werden diese Pixelgruppen nun als mit Feldmaus oder Gelbrost befallen oder nicht befallen klassifiziert (Abbildung 2).

Abbildung 2: Feldmausschäden, hier rot umrandet dargestellt, werden in aufgelaufenem Getreide ab BBCH 20 gut erkannt. Bei direkt an Schäden angrenzenden Fahrspuren werden diese mitunter als Teil des Feldmausschadens klassifiziert.

Ergebnisse & WebGIS-Anwendung

Nach dem oben beschriebenen Vorgehen wurde zunächst für Feldmausschäden eine automatische Bilderkennung entwickelt und als WebGIS-Anwendung umgesetzt. Um die Bilderkennung nutzen zu können, müssen Drohnenbilder zwei Grundvoraussetzungen erfüllen: Zum einen muss die verwendete Kamera mindestens über die Farbkanäle Grün, Rot und Nah-Infrarot verfügen, zum anderen müssen die Drohnenbilder eine Mindestsauflösung von 10 cm pro Pixel aufweisen. Gängige, für den landwirtschaftlichen Einsatz konzipierte Kameramodelle erfüllen diese Anforderungen bei der maximal erlaubten Flughöhe von 100 m über der Oberfläche in aller Regel. Ob es sich bei der verwendeten Drohne um einen Multikopter oder einen Starrflügler handelt, spielt keine Rolle.

Um das Drohnenbild eines Schlages in Hinblick auf Feldmausschäden untersuchen zu lassen, soll es nach Abschluss des Projektes über eine WebGIS-Oberfläche auf den ISIP-Server via Upload übertragen werden können (Abbildung 3).

Abbildung 3: Der Anwender, in der Regel ein Landwirt oder Lohnunternehmer, soll das Luftbild eines beflogenen Schlages künftig auf den ISIP-Server übertragen können, auf dem es direkt analysiert, das Ergebnis in einem WebGIS dargestellt und zum Download in verschiedenen Formaten bereitgestellt werden soll.

Nachdem in der WebGIS-Oberfläche festgelegt wurde auf welchen Kanälen der verwendeten Kamera die Grün-, Rot- und Nah-Infrarot-Bilder abgelegt sind, kann das Lokalisieren der Feldmausschäden gestartet werden. Die nach der Analyse ausgegebene, georeferenzierte Befallskarte kann im Browser betrachtet werden (Abbildung 4) und anschließend als Kartenansicht oder als Shapefile (.shp) vom Nutzer heruntergeladen werden. Die automatische Erkennung der Gelbrostschäden in Drohnenbildern befindet sich derzeit in der Umsetzung, allerdings liegen für eine hinreichend genaue Klassifizierung noch nicht genügend Gelbrostdrohnenbilder vor. Nach Abschluss der Entwicklungsarbeiten der Feldmaus- und Gelbrosterkennung soll das Werkzeug auf der Internetseite des ISIP e.V.[6] verfügbar sein.

Abbildung 4: Aktuelle Testversion der WebGIS-Oberfläche, in der das analysierte Luftbild mit dem NDVI (Vegetationsindex – Normalized Difference Vegetation Index) in Graustufen vor einer Karte dargestellt wird. Alle erkannten Schadbilder, wie hier Feldmausschäden, werden rot umrandet. Über die Oberfläche soll künftig auch der Download des Ergebnisses möglich sein.

Fazit

Der Bilderkennungsservice für Feldmausschäden ist bereits in ein mit wenigen Mausklicks intuitiv bedienbares WebGIS integriert und befindet sich aktuell in der Testphase. Für die derzeit in der Entwicklung befindliche Lokalisierung von Gelbrostnestern in Drohnenbildern werden noch weitere Bilder benötigt. Sobald die Gelbrosterkennung hinreichend präzise funktioniert, kann auch sie in das WebGIS integriert werden. Darüber hinaus ist die Erweiterung des Werkzeuges auf weitere, aus der Luft gut erkennbare Schadbilder möglich. Mittelfristig ist die automatische Identifizierung und Lokalisierung von Schaderregern anhand ihres Schadbildes in Drohnenbildern ein weiterer Schritt hin zu einem integrierten Pflanzenschutz, in dem die teilflächenspezifische Anwendung von Pflanzenschutzmitteln einen Baustein darstellt.

 

[1] Landesanstalt für Landwirtschaft und Gartenbau Sachsen-Anhalt, https://www.llg.sachsen-anhalt.de/aktuelles
[2] Dienstleistungszentrum Ländlicher Raum Eifel, https://www.dlr.rlp.de/
[3] AGRO-SAT Consulting GmbH, http://www. agro-sat.de
[4] Luftfotos24, https://luftfotos24.com
[5] Collector for ArcGIS, https://www.esri.de/produkte/collector-for-arcgis
[6] Informationssystem für integrierte Pflanzenproduktion e.V., https://www.isip.de/